Der letzte Tag – oder wie ich mich erfolgreich vorm Kofferpacken drückte
Und da ist er nun – der letzte Tag auf dem Schiff. Ich kann es kaum glauben, dass ich morgen wieder in die eisige Realität katapultiert werde. Wer hat das eigentlich genehmigt? Die Zeit an Bord verging wie im Flug, und während ich mental noch am ersten Cocktail hänge, muss ich jetzt schon ans Kofferpacken denken. Pffft.
Der Tag begann – wie jeder Seetag – viel zu früh. Aber heute war es wirklich viel zu früh. Ich werde alt. Die Nacht zum Tag machen und dann mit sechs Stunden Schlaf funktionieren? Vergesst es. Ich war nur noch eine leere Hülle meiner selbst – ein Schatten, der vor sich hin existierte. Vielleicht lag’s an der letzten Weißweinschorle. Vielleicht war das Bier schlecht. Vielleicht war ich aber auch einfach nur nicht für die Realität gemacht.
Also Plan A: Koffein. Cappuccino intravenös, bitte.
Am Pooldeck angekommen, saßen da schon die üblichen Verdächtigen – die Stammgäste aka „Möbelstücke“. Statt Kaffee gab es dort schon alkoholische Getränke. Chapeau, meine Lieben, Chapeau. Meine Leber war jedoch noch im Standby-Modus, also blieb ich erstmal bei Cola. Langsam musste mein Kreislauf ja mal aus dem Keller kommen. Die Sonne knallte gnadenlos, und das erste Möbelstück zog sich in den Schatten zurück. Gute Entscheidung, wie sich noch herausstellen sollte.
Denn: Das Wetter wechselte hier schneller als meine Motivation zum Kofferpacken. Während ich noch dachte: „Hui, ganz schön warm hier“, war plötzlich Weltuntergangsstimmung. Unsere zwei Sonnenanbeter – aka „Möbelstücke mit Bewegungsdrang“ – hatten gerade erst fremdreservierte Liegen von Geistern befreit (aka Handtücher entfernt), als deren rechtmäßiger Besitzer mit wutverzerrtem Gesicht anmarschierte. Kurzer Disput, dann gaben unsere Helden des Alltags die Liegen frei. Und genau in diesem Moment kickte Karma rein: Plötzlich Regen. Und nicht einfach ein bisschen Niesel – ein Tropensturzbach von biblischen Ausmaßen. Der Typ, der eben noch seine Liegen verteidigte, durfte nun in bester Titanic-Manier Regenbaden. Viel Spaß dabei, mein Freund.
Wir saßen währenddessen wohlwissend unter einem schützenden Dach und beobachteten das Spektakel mit Cola (ich) und diversen alkoholischen Alternativen (die anderen). Es regnete so heftig, dass das Wasser in Kaskaden die Treppen runterfloss. Schwimmen hätte sich jetzt mehr gelohnt als Sonnenbaden. Aber hey, wenigstens war’s nicht kalt.
Irgendwann fiel mir ein: Mist. Horst.
Horst ist mein Koffer. Und Horst musste bis 2 Uhr morgens vor der Tür stehen. Aber leider war meine Kabine eher ein künstlerisches Chaos als ein gepackter Koffer. Also ging ich mit null Motivation runter, breitete erstmal alles auf dem Bett aus und tat… nichts. Ich brauchte eine Pause. Eine Weißweinschorle sollte helfen. Man munkelt, Alkohol fördere die Motivation.
Also ab ins Wohnzimmer, wo auch Ruhrpott-Uschi schon wartete. Gemeinsam beobachteten wir den Kellner, wie er das Deck nach der Sintflut wieder auf Hochglanz schrubbte. Es gibt doch nichts Schöneres, als Männern bei der Arbeit zuzusehen. Ein Hoch auf die Unterhaltung!
Da es der letzte Abend war, gönnte ich mir für schlappe 18 Euro Internet. Gutes Preis-Leistungs-Verhältnis sieht anders aus, aber ich habe schon für dümmeren Kram Geld ausgegeben. Immerhin war ich nun stets up to date, was meine Mitreisenden so anstellten.
Nach ein bis zwei Schorlen fiel mir wieder ein: Horst!
Also zurück zur Kabine, Koffer aufgeklappt, ein paar Sachen reingeworfen – und dann kam die Durchsage: "Die Aidaperla ist in Sicht!"
Sofort war Horst vergessen. Schließlich wollte ich die große Begegnung nicht verpassen. Dass Schiffe keine Speedboote sind, wurde mir dann aber auch mal wieder bewusst. Die Perla war zwar „in Sicht“, aber eben nur als kleiner Punkt am Horizont. Ich hätte also locker Horst packen können. Habe ich aber nicht.
Stattdessen hockte ich wieder mit Ruhrpott-Uschi auf meinem Stammplatz und trank weiter. Als die Perla dann endlich vorbeikam, blieb die spektakuläre Show aus. Kein Hupen, keine Gondor-Hörner, keine Lasershow – nix. Scheinbar mochten sich die Kapitäne nicht sonderlich. Tja, schade. Also ein paar Zoom-Fotos gemacht und wieder zurück zum Wesentlichen: Schorle trinken.
Doch dann traf mich die Erkenntnis wie ein Blitz: Verdammt, Horst!
Also runter, endlich den Koffer gepackt – und siehe da, irgendwann stand er in voller Pracht fertig vor der Tür. Der kleine Handgepäck-Koffer wurde auch noch notdürftig bestückt, und als das erledigt war, musste ich mir wirklich eingestehen: Ich will nicht nach Hause!
Aber wat mut, dat mut.
Also noch einmal auf Deck, letzte Drinks, letzte philosophische Gespräche über diese großartige Reise – und dann langsam Abschied nehmen. Keiner wollte so richtig runter vom Schiff, aber der nächste Urlaub kommt bestimmt.
Fazit:
Packen ist doof.
Regen ist Karma.
Weißweinschorle ist Leben.
Kommentar hinzufügen
Kommentare